Graf Berchtold an Freiherrn von Giesl in Belgrad
Telegramm Nr. 76
Wien, den 21. Juli 1914
Telegramm in Ziffern - Geheim
Zeitungsmeldungen zufolge soll Ministerpräsident Pasic sich in Wahlangelegenheiten nach Ostserbien begeben haben und erst Ende der Woche nach Belgrad zurückkehren.
Wenn sich diese Meldungen bestätigen, erscheint es mir notwendig, daß Euer Exzellenz dem ersten Beamten des serbischen Auswärtigen Amtes am Donnerstag früh in einem Briefe, den ein Konzeptsbeamter der k. u. k. Gesandtschaft zu überbringen hätte, die Verständigung zugehen lassen, daß Sie beauftragt seien, der königlichen Regierung am Donnerstag nachmittags eine wichtige Mitteilung zu machen; sie würden zu diesem Zwecke zwischen 4 und 5 Uhr nachmittags im Auswärtigen Amte vorsprechen. Ihre Mitteilung werde voraussichtlich die schleunige Rückkehr Herrn Pasic notwendig machen; der Leiter des Auswärtigen Amtes solle, falls er es für nützlich erachte, sich diesbezüglich sofort mit dem Ministerpräsidenten in Verbindung setzen.
Um jedes Mißverständnis zu vermeiden, bemerke ich ausdrücklich, daß dieser Brief Ihrerseits nur als ein Akt der Courtoisie zu betrachten ist, um die je frühere Rückkehr und Informierung des Ministerpräsidenten zu ermöglichen, daß aber die Übergabe der Note Ihrerseits unter allen Umständen am Donnerstag nachmittags zwischen 4 und 5 Uhr, und zwar im Falle der Abwesenheit Herrn Pasic an dessen Vertreter oder an den ranghöchsten anwesenden Beamten des Auswärtigen Amtes zu erfolgen hat.
Die erfolgte Übergabe der Note wollen Euer Exzellenz durch vorher vorbereitete Expreß-Chiffretelegramme in duplo sowohl aus Belgrad als aus Semlin, wohin sich behufs Aufgabe des Telegrammes ein Beamter sofort zu begeben hat, in dringendster Weise anher melden. Wegen Publikation und anderen Maßnahmen möchte ich die Nachricht Donnerstag vor 7 oder 8 Uhr abends hier erhalten.
Über Ihr eventuelles Gespräch bei der Übergabe wollen Euer Exzellenz getrennt auch sofort telegraphisch berichten.